Ein Schriftexperiment: Ein „Lateinisches“ Alphabet nach dem Vorbild der äthiopischen Ge'ez-Schrift.
- dekorativ
- exotisch
- fremdartig
- weder Antiqua noch Serifenlose
Kusch, Punt, Saba, Aksum, Abbesinien, Äthiopien – die Namen für das Land im Osten Afrikas wechselten im Lauf der tausende Jahre langen Geschichte. Wenige Staaten haben eine ähnlich lange Geschichte und Kulturtradition. Seit Menschengedenken selbständig, galt Äthiopien lange als eines der „grossen“ Reiche, es gilt auch als das älteste christliche Land.
Die amharische Sprache Äthiopiens und die dazugehörige Schrift „Ge’ez“ entwickelten sich aus semitischen Ursprüngen in Südarabien.
„Ge’ez“ ist die einzige Schrift semitischen Ursprungs, die von links nach rechts geschrieben wird.
Aufgrund der mittlerweile über 1600 Jahre langen christlichen Tradition und der in der Spätantike sehr engen Beziehung zum hellenistischen Mittelmeerraum sind auch Anleihen aus dem Griechischen in der amharischen Schrift zu erkennen.
Die amharische Schrift wird traditionell mit einer breiten Federspitze geschrieben. Daher hat sie den typischen Duktus, der auch für die Unzialschriften der Spätantike und des frühen Mittelalters so charakteristisch ist.
Und da die „Ge’ez“ als Vorlage für die ingoFont »Amhara« diente, sind diese Merkmale auch in der »Amhara« zu erkennen.
Typisch für die äthiopische Schrift sind die durch die waagrechte Federhaltung besonders betonten breiten Senkrechten.
Die am häufigsten vorkommende Form und damit für den Gesamteindruck prägend ist der unten offene Bogen.
Die symmetrische Rundung am Übergang von breitem zu dünnem und wieder zu breitem Strich bestimmt das Schriftbild ganz wesentlich.
Für semitische Schriften typisch sind die zahlreichen Formen von Beistrichen, Häkchen, Kringeln, Anhängseln aller Art. Dadurch ergibt sich ein Formenreichtum in den Details, der es möglich macht, daraus die Bestandteile für europäische Buchstaben zusammenzustellen.
Das alles lässt den Font »Amhara« auf den Schriftkundigen etwas sakral wirken. Zumindest wirkt sie bei aller Fremdheit der Formen im Einzelnen doch insgesamt eigentümlich vertraut.
Die »Amhara« entstand durch Übertragung der typisch amharischen Formen auf das westeuropäische Alphabet. Nahezu alle formalen Merkmale des „Ge’ez“ konnten für die Kleinbuchstaben aufgegriffen werden; ja, einige Zeichen – B C H J M O T W Y Z d e g m n p t u y 2 4 8 – konnten sogar (natürlich in anderer Bedeutung) komplett übernommen werden.
Die amharischen Zeichen haben zumeist einen angedeuteten Anstrich von links oben und einen kleinen Abstrich nach rechts unten. Die »Amhara« versucht, diese Bewegungsrichtung beizubehalten.
Die Kleinbuchstaben wirken sehr unruhig und nicht flüssig lesbar. So bleibt ein Eindruck von der Fremdheit und Exotik der afrikanischen Vorlage erhalten.
Eine etwas entschärfte und damit besser lesbare Variante ist die leichtere »Amhara Book«. Deren Formen und Proportionen sind vorsichtig denen westlicher Schriften angenähert.
Für die Buchstaben f g h p t y z stehen auch alternative Zeichenformen zur Verfügung.
Die Grossbuchstaben sind streng genommen ein eigenständiges Alphabet. Im Unterschied zu unseren klassischen römischen Versalien verzichten die amharischen Zeichen fast ganz auf spitze Dreiecksformen. Daher mussten für die eigentlich eckigen und schrägen Formen der lateinischen Buchstaben A E F K M N R V W X Y andere formale Lösungen gefunden werden. Es gibt in „Ge’ez“ zwar blitzartig gezackte Zeichen, aber einzig die Form Z ist übertragbar.
So erhalten die Versalien der »Amhara« ein sehr gefälliges, rundes Erscheinungsbild. Ein Text in Versalien wirkt in dieser Schrift angenehm ruhig, da sich immer wieder die selben wenigen Grundformen in den diversen Zeichen finden. Es ist ein seltener Fall, in dem ein VERSALTEXT statt streng beinahe sanft wirkt.
Die »Amhara« enthält eine Reihe von Ligaturen, die unschöne Letternkombinationen auflösen: fa ff fi fl ft gg gt ll st ta th ti tt tu tz sowie gesondert aktivierbar die seltenen Ligaturen Th ch ck ffi ffl.
Amhara
1 variabler Font: Amhara-VF (.ttf)
2 statische Fonts: Amhara Book, Amhara Medium
Dateiformate: Variable-TT (.ttf), OpenType-PS (.otf), OpenType-TT (.ttf), Webfonts
Sprachunterstützung:
Unicode Latin 1 (Western & Northern European languages);
Unicode Latin Extended A (Central and Eastern European languages, Turkish);